Wir alle kennen die Situation: Ein Familienangehöriger, jemand aus dem Freundeskreis oder ein Kollege ist gestorben. Sind wir direkt betroffen, werden uns die vielen Trauersprüche, Floskeln und Phrasen, die auf uns einregnen, eher reizen als helfen. Ist jemand anderes betroffen und wir wollen unser Beileid ausdrücken, stehen wir vor einem Dilemma: Wir wissen nicht, was gesagt oder geschrieben werden kann, um angemessen zu reagieren und bestenfalls etwas Trost zu spenden. Im schlimmsten Fall sind wir verunsichert und überlegen so lange, bis wir uns am Ende gar nicht melden, was die Beziehung zu dem Trauernden genauso irreparabel beschädigen kann wie der schlimmste Kommentar.
Aber was sagt und schreibt man denn nun bei einem Sterbefall? Ich bin keine Psychotherapeutin und auch sonst nicht zur Trauerbewältigung geschult, aber ich habe schon zu viele Beerdigungen erlebt und möchte Euch helfen, weniger hilflos dazustehen, wenn Ihr Euer Beileid ausdrücken möchtet.
Trauer ist der Preis, den wir für Liebe zahlen müssen.
Der Erding @der_erding
Eine gute Freundin hat der Familie eines Bekannten, der plötzlich starb, eine Beileidskarte geschrieben und aus Platzmangel am Ende die Floskel „LOL“ – also die Abkürzung für „laughing out loud“ – in die Ecke gequetscht, weil sie dachte, es würde „lots of love“ bedeuten. Tut Euch also den Gefallen: Benutzt keine Abkürzungen! Besser ist es, wenn Ihr Euch kurzfasst und dafür die richtigen Worte wählt. Hier sind die Trauerspruch-Todsünden:
Damit zieht Ihr all die noch unkanalisierte, ohnmächtige Wut auf Euch. Wieso sollte es so sein, dass ich meine Eltern verlor? Meinen Bruder? Glaub mir: Ihr wollt diesen Zorn nicht wecken. Lasst den dummen Spruch also lieber stecken – ich kann mir nicht vorstellen, dass er jemals jemandem Trost spendete. Ebenso fehl am Platz sind alle religiösen Phrasen – überlasst das einem Priester.
Wie wird es dem Trauernden schon gehen? Schrecklich! Und nach dieser Frage wird Euch erst Unverständnis, gefolgt von Frustration aus dem Gesicht des Trauernden entgegenblicken.
Nein, wird es nicht wirklich. Ja, es ist wahr, dass der Verlust irgendwann nicht mehr omnipräsent ist und weniger schmerzt. Aber das ist für den Trauernden gerade völlig unvorstellbar und macht ihn eher wütend. Wie kann sein Leben schon wieder gut werden, wenn ein wichtiger Mensch für immer fehlen wird?
Nun verrate ich Euch, was mir und vielen anderen, die geliebte Menschen verloren haben, wirklich geholfen hat. Zunächst solltet Ihr wissen, dass die Zeit unmittelbar nach dem Verlust zwei Seiten hat: Sie ist ein labyrinthartiges Gebilde, das völlig diffus und kaum greifbar ist, und gleichzeitig etwas, das für immer im Gedächtnis verankert sein wird und scharf in Dolby-Surround, 3D-UHD immer wieder hochkommt.
Fragt mal ein paar Jahre später, wer alles auf der Beerdigung war. Das gehört zu den Dingen, die man vergisst. Der Redner, der unpersönlich war, der Organist, der sich ständig verspielte, der Freund, der einen der No-Go-Sprüche brachte, und der, der nicht kam, bleiben verankert, egal wie gerne man sie vergessen würde. Aber auch die Freunde, die mit den richtigen Worten Trost spendeten und für einen da waren, bleiben immer im Gedächtnis. Alle anderen versinken im diffusen Dunst des Vergessens.
Aber was sagt und schreibt man denn nun bei einem Sterbefall? Mit den folgenden fünf Beileidsbekundungen könnt Ihr nicht viel falsch machen und klingt nicht, als hättet Ihr die Sätze aus einem Trauerspruch-Generator oder einer Trauerkarte übernommen. Richtig gemacht, könnt Ihr damit Eure echten Gefühle ausdrücken und so dem Trauernden Trost spenden.
Nichts braucht ein Trauernder mehr als Nähe. Je nachdem, wie eng Eure Beziehung zu ihm ist, kann alleine Eure bloße Gegenwart eine große Hilfe sein. Versucht, für ihn einen kühlen Kopf zu behalten, und nehmt ihm Teile der nun folgenden Organisation ab. Beerdigungen sind Verwaltungsakte: Kinder wollen betreut werden, der Kühlschrank soll voll sein, die Wäsche muss gewaschen werden … Das sind alles Dinge, an die der Trauernde nicht mal denken möchte. Passt nur auf, dass Ihr den Trauernden nicht belastet, indem Ihr ihn zu viel mit Fragen oder Vorschlägen löchert. Nehmt Euch am besten ein, zwei andere Freunde zur Seite und teilt die Arbeit auf. Und bietet nur dann Hilfe an, wenn Ihr auch bereit seid, zu helfen.
Jeder Tod ist für Angehörige unfair, besonders, wenn der Tote unterhalb seiner natürlichen Lebenserwartung stirbt, die in Deutschland für Frauen etwa 84 und für Männer 79 Jahre beträgt (Quelle: Statista.de). Auch wenn Krankheiten für den Verstorbenen natürlich schlimmer sind als ein plötzlicher schmerzfreier Tod, können die Angehörigen dies genau andersherum empfinden, da ihnen keine Zeit blieb, sich auf den Tod des geliebten Menschen vorzubereiten. Der Tod ist immer unfair.
Ihr wundert Euch, dass ich hier zum Fluchen rate? Wenn der Trauernde ein enger Freund ist, ist das völlig okay. Wie anders kann man sein Mitleid, das Unverständnis der Situation und die eigene Trauer ehrlicher ausdrücken? Das muss jetzt nicht Eure Wortwahl sein, aber alles geht, was Eure Gefühle ehrlich ausdrückt. Die Betonung liegt auf ehrlich! Überlegt, was Ihr gerade fühlt, und sagt es mit Euren eigenen Worten. Das ist direkt und ganz Ihr selbst – so etwas braucht der Trauernde, und keine Gedenkkartensprüche. Besonders, wenn Ihr ausdrücken wollt, dass Ihr traurig seid, weil Euer Freund einen Verlust erlitten hat, ist das die beste Wahl. Geschwafel über den Toten, den Ihr unter Umständen nicht oder nur wenig kanntet, hilft nicht und wirkt auch nicht ehrlich.
Auch wenn Ihr selbst schon liebe Menschen verloren habt, wisst Ihr nicht, wie sich die andere Person gerade fühlt. Jeder trauert anders und jeder Tod ist anders. Selbst wenn Ihr in jungen Jahren ebenfalls Eure Mutter verloren habt und gerade sehr gut nachvollziehen könnt, wie sich der Schmerz der Trauer anfühlt: Vergleicht ihn nicht. Das ist kein Wettbewerb. Bietet lieber an, dass der Trauernde mit Euch reden kann. Versucht, ihn nicht zusätzlich mit Eurer alten Trauer zu belasten, sondern zeigt nur Euer Verständnis.
Wenn Ihr den Verstorbenen selber kanntet, versucht dem Trauernden gemeinsame Erinnerungen ins Gedächtnis zu rufen – schöne, skurrile, lustige wie auch nicht so schöne. Alles, was den Blick vom Verlust weg und auf die gemeinsam verbrachte Zeit lenkt, ist hilfreich. Wartet damit aber, bis der erste Schock überwunden ist, denn in der ersten Zeit hat der Trauernde keinen Kopf für solche Sachen. Schaut nach ungefähr einer Woche mit einem Heißgetränk (möglichst kein Alkohol!) vorbei und schwelgt gemeinsam ein wenig in Erinnerungen. Erschlagt den Trauernden dabei aber nicht: Kleine Portionen sind viel leichter zu verarbeiten. Wichtig ist nur, den Blick weg vom Tod, hin zum Leben zu lenken, das Ihr mit dem Toten geteilt habt.
Wenn Ihr den Verstorbenen nicht selbst kanntet, hört einfach zu und lasst Euch Anekdoten erzählen, hakt nach und lasst den Trauernden so lange reden, bis sein Blick in der gemeinsamen Vergangenheit mit dem Verstorbenen und nicht mehr in der harten Gegenwart ruht. Und hört mit einer schönen Geschichte auf, bevor Ihr Euch verabschiedet.
Diese Feststellung ist grenzwertig, weil das nichts ist, woran der Trauernde in dem Moment denken will. Auch ist die Aussage sehr abgedroschen, weil sie zu den meistverwendeten Sprüchen auf einer Beerdigung zählt. Aber trotzdem schafft sie es in meine Top 5 der Trauerbekundungen, weil es ja stimmt, falls der Tod auf eine Erkrankung zurückgeht. Bitte verwendet diesen Spruch ausschließlich im Fall eines vorangegangenen Leidens! Betont aber auch, was für ein schönes Leben die/der Tote vor der Krankheit hatte (allerdings nur, wenn das so stimmt), denn sonst weckt Ihr nur negative Assoziationen. Und lasst diese Aussage nicht alleine stehen, sondern kombiniert sie mit einem der vorangegangenen Vorschläge.
Alle No-Go-Trauersprüche haben eins gemeinsam: Sie klingen auswendig gelernt, phrasenhaft oder beziehen sich auf Religion. Was mir und anderen in der Trauer wirklich hilft, sind Texte und Worte, die zu der jeweiligen Person passen und bei denen man spürt, dass sie von Herzen kommen. Wenn Ihr Euch das nicht zutraut und auf einen meiner Top-5-Vorschläge zurückgreifen wollt, macht Ihr auch nichts falsch und bleibt nicht negativ im Gedächtnis des Trauernden. Bleibt immer nah bei Euch selbst und horcht in Euch hinein: Seid Ihr traurig, weil die Person gestorben ist oder weil Eurer Freund deswegen leidet? Drückt genau das mit den eigenen Worten aus und seid für sie/ihn da.
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