Letztes Jahr habe ich durch Corona meinen Lieblingsonkel, eine Tante und einen weiteren Onkel verloren. Mein Onkel lebte zu dieser Zeit – das war Ende April 2020 – in Saudi-Arabien und hatte sich dort angesteckt. Da er noch symptomfrei war und nicht wusste, dass er sich angesteckt hatte, flog er nach Khartum in den Sudan zum Rest der Familie, um den Ramadan zu feiern. Nach einem Tag dort ging es ihm schlecht und mein Cousin brachte ihn zum Krankenhaus. Da dort alle Betten mit COVID-19-Patienten belegt waren und auch in den anderen Krankenhäusern kein Bett frei war, schickte man ihn wieder nach Hause. Dort steckte er die ganze Familie an und starb kurz darauf kläglich. Meine Tante und mein ältester Onkel überlebten ebenfalls nicht und einige Familienangehörige leiden heute noch unter Kurzatmigkeit und anderen Folgeerkrankungen. Kurzum: COVID-19 ist kein Kindergeburtstag.
An dem Tag, als ich vom Tod meines Onkels hörte, waren vor meinem Büro am Rathausmarkt die „Querdenker“ und demonstrierten gegen die Corona-Maßnahmen. Sie bestritten, dass es das Coronavirus gibt, und verbreiteten die wildesten Verschwörungstheorien. Ich war so wütend und frustriert und wollte mir das Mikro schnappen und denen mal erzählen, wie glücklich sie sich schätzen können, in einem Land zu leben, in dem die Pandemie ernst genommen wird. Ein Polizist, der dort stand, legte mir die Hand auf die Schulter und meinte: „Ich weiß, was Sie denken. Lassen Sie es. Die sind unbelehrbar.“ Recht hat er. Ich habe es dann auch gelassen, aber die Wut blieb. Als ich nach Hause kam, war die Freundin eines Freundes, eine arbeitslose Malergesellin, bei uns, um uns beim Streichen zu helfen. Wie viele, die nicht arbeiten durften, war auch mein Mann, der Tätowierer ist, vom Lockdown betroffen. Er nutzte die freie Zeit für eine Wohnungsrenovierung. Als ich erzählte, dass mein Onkel am Coronavirus gestorben ist, fragte das Mädel, ob ich denn sicher sei, dass es wirklich COVID-19 war. Echt jetzt? Im Sudan haben die Leute weder die Zeit, das Geld noch die Motivation, sich an einer Verschwörung zu beteiligen. Nachdem ich sie rausgeschmissen hatte, blieb die Wut.
Dieses Jahr hatten wir einen Wasserschaden im Bad und entsprechend rund drei Monate viele Handwerker im Haus. Fast jeder von ihnen war zum kleinen Hobbyvirologen mutiert und wollte aus „verlässlichen Quellen“ wissen, dass die Impfstoffe unfruchtbar machen, schlimme Krankheiten verursachen oder auch völlig nutzlos sind. Ich habe dann mal gefragt, ob sie schon mal in Asien, Afrika oder Südamerika Urlaub gemacht hätten. „Ja, klar!“ – „Okay! Und gegen was wurdet ihr vor der Reise alles geimpft?“ – „Keine Ahnung. Gelbfieber und so.“ – „Ah, ja. Was war denn in dem Impfstoff enthalten und was waren mögliche Nebenwirkungen?“ – „Weiß ich nicht, hab ich nicht gefragt.“ Case closed.
Am 5. Juli 2021 hatte ich meine erste Impfung im Impfzentrum in der Messe Hamburg. Die schlimmsten Erfahrungen, die ich dort machte, waren der lange Fußweg zum Eingang und die zum Glück wenigen Impfgegner, die mit Schildern zur Umkehr bewegen wollten. Die Impfung tat nicht weh und außer etwas Müdigkeit und einer kleinen Verhärtung rund um den Einstich merkte ich nichts. Den zweiten Impftermin hatte ich Mitte August. Warum ich mich impfen ließ? Weil ich keine Lust habe, mich anzustecken und dann mit einem schweren Krankheitsverlauf der Deltavariante und den entsprechenden Folgeerkrankungen umzugehen. Die Impfung schützt zwar nicht vor einer Ansteckung, verhilft aber zu einem milderen Verlauf. Das alleine reicht doch schon als Grund für eine Impfung. Ich möchte, dass sich bald eine Herdenimmunität aufbaut, und dafür müssen etwa zwei Drittel der Bevölkerung geimpft sein. Jeder, der nicht mitzieht, gefährdet sich und andere und ist in meinen Augen einfach nicht sozial … mit anderen Worten: asozial.
Bitte lasst Euch impfen!
Am 16. August 2021 hatte ich meine zweite Corona-Impfung und möchte Euch die Reaktionen darauf natürlich nicht vorenthalten. Am Impftag ging es mir danach noch super, aber nachts brannte und juckte meine Haut im Brustbereich, am oberen Rücken und an den Oberarmen plötzlich sehr. Am Morgen hatte ich Durchfall und die Haut war nun stark gerötet und juckte wirklich sehr. Der Durchfall war am nächsten Tag wieder weg. Ein paar Tage später war ich bei meiner Hautärztin, da es nicht besser wurde. Das Resultat: Ich hatte wohl allergisch auf einen Inhaltsstoff im Biontech-Impfstoff reagiert und Nesselsucht bekommen. Das habe ich sonst nur bei den beiden Antibiotika Penicillin und Cotrimoxazol. Jetzt, nach genau einer Woche mit Cortisoncreme und Antihistamintabletten, ist die Nesselsucht fast weg und wenn ich daran denke, dass ich jetzt vor einem schlimmen Verlauf von COVID-19 geschützt bin, andere schütze und für mich schon bald wieder alle Dinge, die ich so vermisse, wie Konzerte und Festivals, wieder möglich sind, ist eine Woche Jucken, Cremen und Co. ein kleiner Preis. Wenn nächstes Jahr aufgefrischt wird, bin ich wieder dabei – allerdings würde ich dann gerne den von Moderna probieren. Vielleicht reagiere ich darauf dann nicht allergisch.
Machts gut.
Und echt: Lasst Euch impfen!
This website uses cookies. By continuing to use this site, you accept our use of cookies.